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Menschen, deren Augen den König sahen

von T. Austin-Sparks

Kapitel 3 - Unser Ankerplatz - Die Liebe Gottes in Christus Jesus

Schriftlesung: Römer 8,31,39

Unsere Augen sind auf den verherrlichten Herrn Jesus Christus gerichtet worden, und zwar als Inspiration des Christenlebens, des Ausharrens und des Dienstes. Wir haben ihn auf dem Berg der Verklärung betrachtet, und haben ein bisschen davon gesehen, was es für die Männer, die bei ihm waren, für den Rest ihres Lebens bedeutete, und die ihn auf verschiedene Weise und an verschiedenen Orten in Herrlichkeit gesehen haben - Stephanus und Paulus, und noch einiges später Johannes.

Johannes fasste, als er viele, viele Jahre später von dem einzigartigen Eindruck sprach, der ihm von der Zeit, die er mit dem Herrn Jesus verbracht hatte, verblieben war, mit einem einzigen, wunderbaren Satz zusammen: Es steht zwar nur in Klammern, aber hat es je eine wichtigere und wunderbarere Klammer gegeben? «Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater), voller Gnade und Wahrheit» (Joh. 1,14). Was sie sahen, als sie den Herrn Jesus in seiner Herrlichkeit erblickten, was die Manifestation von der Gnade und Wahrheit.

Dieser Abschnitt aus dem Römerbrief von Paulus, den wir eben gelesen haben, scheint mir Paulus Art und Weise zu sein, das zu formulieren, was er im Angesicht von Jesus Christus sah. Nachdem ich lange bei diesem Teil des Wortes verweilt hatte, stieg in mir an dieser Stelle der Eindruck auf, dass es das war, worauf hin der Apostel die ganze Zeit über arbeitete; darüber lässt er sich hier aus. Er hat ein schönes Stück recht mühsamer Arbeit geleistet; er hat sich daran gemacht eine große Abhandlung zu verfassen - und das ist der Römerbrief wirklich - der seit je die größten Denker zur Strecke gebracht hat in ihrem Bemühen, diesen Brief auszuloten und ihn zu interpretieren. Doch beim Lesen bekommt ihr ein bestimmtes Gefühl, und dann kommt ihr an den Punkt, wo der Apostel sagte: «Nun, das ist es; lasst mich aussprechen, worauf ich die ganze Zeit hinaus will, was ich wirklich im Sinne gehabt habe; lasst mich mein Herz von seiner Last befreien». Und genau das tut er hier. «Diese Dinge», auf die er sich bezieht - «Was sollen wir zu ALL DEM (zu all DIESEN DINGEN!) sagen?» - all DIESE DINGE, von denen er gesprochen hat, worauf zielen sie ab? Auf was weisen sie hin? «Was ist die überragende Bedeutung und der Inhalt all dessen, was ich gesagt habe?» Und er fährt fort, seine eigene Frage zu beantworten und aus seinem Herzen das freizugeben, was darin war, was all seine Bemühungen und Unternehmungen angetrieben hatte. Es ist diese mächtige, mächtige Offenbarung von DER LIEBE GOTTES IN CHRISTUS JESUS.

Ich sage, er habe daraufhin gearbeitet. Das ist ein schmerzvoller Prozess. Die erste Phase des Briefes, wie ihr wisst, befasst sich mit der schmerzlichen Notwendigkeit, dieser so unangenehmen Notwendigkeit - die Sünde bloßzulegen. Paulus tut dies sehr gründlich; er geht durch die ganze Heidenwelt, und gibt nicht ein übertriebenes, sondern ein sehr schreckliches Bild von der Sünde. Es gibt keine andere Stelle in der ganzen Bibel, wo die Sünde in ihrer Furchtbarkeit deutlicher aufgedeckt wird als im ersten Teil dieses Briefes. Es ist ein schreckliches Bild von der menschlichen Sünden im natürlichen Zustand. Denn geht er von der Heidenwelt zur jüdischen Welt weiter, zur Welt Israels. Obwohl vorausbestimmt, erwählt, berufen, ausgesondert und mit vielen göttlichen Gütern, mit anvertrautem Gut und mit Offenbarung ausgestattet, benötigte Israel ein Gesetz. In einem vollkommenen Staat braucht ihr keine Polizeimacht; ihr benötigt kein Gesetz, wo es keine Gesetzlosigkeit gibt. Schon nur das Erlassen des Gesetzes, sagt Paulus, sei ein weiterer Beweis dafür, dass in dieser Angelegenheit der Sünde die Juden nicht besser dastehen als andere Menschen. «Durch das Gesetz wird die Sünde offenbar». Ich habe von der Polizeimacht gesprochen: Schon die Gegenwart eines Polizisten sagt, dass es Übles in der Welt gibt; allein schon die Gegenwart des Gesetzes bedeutet, dass es Gesetzlosigkeit geben muss. Und so ist Israel kein bisschen besser als der Rest. Sünde ist universal; Sünde gibt es in jeder Kreatur; Sünde ist der Zustand der ganzen Schöpfung. Es ist eine schreckliche Bloßstellung, eine schreckliche Aufdeckung, aber sehr nötig. Ich bin sicher, dass Paulus, als er damit zu Ende war, einen Seufzer der Erleichterung von sich gab, er war froh, dass er dies hinter sich lassen konnte, um zu etwas Besserem zu kommen - wirklich zu dem, was er anstrebte.

Ihr seht den springenden Punkt: DAS ist es, wonach er aus ist! Er muss dies tun - und Gott muss bewerkstelligen, dass wir die Sünde, die Wirklichkeit der Sünde, die Furchtbarkeit der Sünde, kennen; die Sünde muss bei uns zu etwas Schrecklichem werden, bevor wir je die Gnade Gottes schätzen lernen können. Niemand kann die göttliche Gnade wertschätzen, der wenig oder nichts von der Sündhaftigkeit der Sünde in seinem Herzen gesehen hat. Man macht sich deshalb in diesem Brief große Mühe, die Realität und die Natur der Sünde in ihrer Auswirkung aufzudecken; nicht um Verdammung zu bringen, nicht um Menschen elend werden zu lassen, sondern bloß, um zur Gnade Gottes zu führen - um die göttliche Gnade herauszustellen. So sagt der Apostel: «Wo die Sünde überhand nahm, über Heiden und Juden, über das Menschengeschlecht, über die ganze Welt; eine große Welle ist über die ganze Schöpfung hinweggerollt und hat sie überflutet - wo also die Sünde wie ein großer Ozean sich ausbreitete, ÜBERHAND NAHM, nahm die Gnade UM SO VIEL MEHR ÜBERHAND! Die Gnade war größer als die Größe der Sünde.

So kommt er schließlich zu diesem: «Was sollen wir also dazu sagen? Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?» Es ist etwas Wunderbares: Und, wie ihr wohl erkennen könnt, redet der Apostel hier sehr stark aus seiner eigenen Erfahrung und Geschichte, wenn er diese Dinge katalogisiert, die eine echte Bedrohung sind für die Hoffnung, das Leben und die Aussichten. Sehr reale und schreckliche Dinge sind das, die er hier katalogisiert. «Werden Trübsale...?». Paulus wusste etwas über Trübsale; Trübsale waren in seinem Leben in der Tat etwas sehr Reales. «Oder Angst...» - ja, wir finden Paulus mehr als einmal in Angst vor; Angst bezüglich des geistlichen Zustandes seiner geliebten Bekehrten, und der Gemeinden. Zu den Thessalonichern redete er zweimal von seiner Bedrängnis für sie - seiner Angst. «Oder Verfolgung...?». Paulus wusste ein schönes Stück auch davon! «Hunger...» - er sagt uns, dass er oft hungrig war; «Blöße...» - ja, in Blöße; «oder Gefahr, oder Schwert...». Und, falls dies noch nicht genug ist, «Tod... Leben... Engel... Fürstentümer... Gegenwärtiges... Zukünftiges... Mächte... Höhen... Tiefen...», «und», sagt er, «ich kann nicht noch mehr aufzählen und analysieren» - «...oder irgend eine andere Kreatur» - das deckt alles! «Ich bin überzeugt, dass es nichts in dieser Schöpfung gibt - all diese Dinge und alles andere, das ihr noch damit in Verbindung bringen möchtet - Ich bin überzeugt, dass keines dieser Dinge uns von der Liebe trennen wird, die in Christus Jesus ist». Das ist GNADE!

Sünde braucht uns nicht von der Liebe Gottes zu trennen! Glaubt ihr das? Sünde braucht euch nicht von der Liebe Gottes zu trennen, wegen Römer 8: «ist einer gestorben... »; «Christus ist gestorben, vielmehr, er ist auferstanden»; und ferner ist er «zur Rechten Gottes und steht für uns ein». Darum braucht die Sünde, und von diesem Punkt aus kann sie es gar nicht, uns nicht von der Liebe Gottes zu trennen.

Nun, ob wir individuell all diese Dinge erfahren, die hier erwähnt werden, oder nicht, Tatsache bleibt, dass es sehr viele Dinge gibt, die durch die Mächte des Bösen ein bestimmtes Aussehen erhalten, mit dem Ziel, uns von der Liebe Gottes zu trennen. Leiden, Angst, Verfolgung, Tod, und sogar Leben - denn selbst das Leben kann für gewisse Leute etwas Schreckliches sein - mit vielen Dingen, die in unserer Erfahrung vorkommen, spielen diese Mächte des Bösen bloß überall herum, um uns einzutrichtern, mit der Liebe Gottes habe es nichts auf sich; Gott würde uns nicht lieben - dies sei der konkrete Nachweis, diese Dinge würden es beweisen! In diesem Sturm, wenn die Winde aus allen Richtungen blasen, wenn alle Elemente gegen uns sind, brauchen wir einen Ankerplatz; wir benötigen etwas, das Stand hält.

Es gibt keinerlei Zweifel bezüglich Paulus' Hingabe an den Herrn; er wusste in seinem eigenen Herzen, dass es zwischen ihm und dem Herrn keine Kontroverse gab; er war sich nicht bewusst, sich in irgend einer Auflehnung gegen den Herrn zu befinden oder sich gegen den bekannten Willen Gottes zu stellen; sein ganzes Wesen ruhte und konzentrierte sich auf das Wohlgefallen seines Herrn, darauf, ihm wohlzugefallen - das wusste er. Und doch, mit all dem in seinem Herzen, sah er sich diesen Dingen gegenüber: sein Dienst wurde in Misskredit gezogen; sein Name wurde verleumdet; wo immer er hinkommt, misstraut man ihm; überall in der Welt bewegt er sich in einer Atmosphäre des Misstrauens und des Widerstreits, und dies nicht nur in der Weit, sondern auch unter Christen; er wurde nicht einmal in den Gemeinden allgemein geliebt, die ihr Dasein seinem Dienst verdankten. Nein, dieses Ding hat sich wie ein übler Geruch überall verbreitet, um irgendwie diesen Mann und seinen Dienst zu vernichten; und es waren nicht wenige, die froh gewesen wären, wenn er tot wäre. Das wusste er. Und in diesen vielen Ausdrucksformen stand er dem fast an jedem Tag seines Lebens gegenüber.

Ein Mann, oder ein Christ, der solchen Dingen begegnet, benötigt einen Ankerplatz. Wenn Dinge auf euch einhämmern, wenn Kummer euch überwältigt, benötigt ihr einen Ankerplatz. Euer Ankergrund wird nicht Selbst-Bestätigung - oder Selbst-Rechtfertigung - sein, entlang dieser Linie werdet ihr nirgendwo hinkommen; euer Ankerplatz wird nicht einmal euer Gefühl für das sein, was richtig ist. Der einzige Anker, der in all dem halten wird, ist die Liebe Gottes für euch. Ihr mögt Fehler begehen - und wir liegen immer falsch, wenn wir meinen, Paulus oder einer der anderen Apostel sei fehlerlos gewesen. In meinen jüngeren Jahren hatte ich immer das Gefühl, es sei schrecklich, wenn ich mir erlauben würde, zu glauben, Paulus hätte Fehler gemacht, oder irgend einer der anderen Apostel hätte einen Fehler begangen. Ich dachte, diese Männer müssten unfehlbar sein. Oh nein, wir liegen falsch, wenn wir dies Einstellung haben. Paulus machte Fehler, und er brachte sich durch diese Fehler selbst in Schwierigkeiten; aber womit er aus all dem herauskam, war folgendes: Die Liebe Gottes ändert sich nicht, auch wenn ich Fehler begehe; die Liebe Gottes lässt mich nicht fahren, wenn ich Fehler mache; wenn ich mich irre, wenn ich falsche Entscheidungen treffe, wenn ich eine falsche Richtung einschlage, oder Vielleicht falsche Dinge sage - das zerbricht nicht das Verbindungskabel zwischen meiner Seele und dem Anker seiner Liebe; der hält! «Ich bin gewiss... gewiss, dass keines dieser Dinge - was immer ihr in der Schöpfung erwähnen könnt - imstande sein wird, uns von der Liebe Gottes zu trennen, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn».

Das ist es, was Paulus in Angesicht von Jesus Christus sah. Johannes' Worte dafür waren: «voller Gnade und Wahrheit». Paulus hätte das unterstrichen; tatsächlich, das ist sein großer Nachdruck. Sünde - je, schrecklich, furchtbar, schändlich, böse, grausam; Untreue auf Seiten Israels; das Abweichen von der göttlichen Absicht - ja (ihr wisst ja, dass er unmittelbar nach Kapitel 8 einen entsprechenden Abschnitt dazwischenschiebt; denn die folgende zwei oder drei Kapitel bilden einen Briefteil für sich und illustrieren genau diesen Punkt). Aber das alles ändert überhaupt nichts an der göttlichen Liebe. Lasst uns für einen kurzen Moment gerade darüber nachdenken - über diesen Abschnitt, den er einfügt, um diesen Punkt zu erörtern. Israel: «Hat Gott sein Volk verstoßen? Gott bewahre!» (11,1) - hier ist eines der neun «Gott bewahre» (gr. mè genoito) in diesem Brief. Ja, aber schaut doch, was Israel getan hat! Blickt auf Golgatha - seht euch ihr Werk an; betrachtet Stephanus - seht euch an, was sie getan haben; seht doch, was sie überall tun - ISRAEL!

Ja, sie mögen unter Gericht stehen; sie mögen für ihre Sünde, ihre Bosheit, ihre Übeltaten büßen; sie mögen für diese Heilszeit als Gottes Instrument auf die Seite gestellt worden sein wegen ihrer Untreue. «Aber», sagt der Apostel, «das hat Gottes Liebe für sie nicht beendet». Gericht in dieser Weit und in diesem Leben ist niemals ein Beweis dafür, dass Gottes Liebe aufgehört hätte; es mag der exakte Beweis für seine Liebe sein. Es ist besser für uns, zu leiden, wenn wir falsch handeln, damit wir etwas Neues von seiner Liebe durch dieses Leiden kennen lernen. Ich wage zu behaupten, dass viele von uns zu dem wenigen, das wir schon von der Liebe Gottes wahrgenommen haben, durch das Bewusstwerden unserer eigenen Fehlerhaftigkeit, und wohin sie führt, gekommen sind. Doch Israel ist eine große Illustration; und dennoch wird eine geistliche Gruppe des natürlichen Israel im Reich Gottes und in der Gemeinde gefunden werden. Gott hat nicht für immer seine Hände von ihnen als einem Volk gewaschen und gesagt: Kein Jude, kein Israelit wird je wieder eine Chance haben. Auf gar keinen Fall! Schlecht, wie sie auch gewesen sein mochten, und was immer an Bösem sie getan haben mochten, er hat seine Liebe auf sie gerichtet, und seine Liebe wird immer für sie eine Tür offen halten.

Doch ihr seht die Botschaft. «Wer kann uns von der Liebe Gottes scheiden?» «Was sollen wir zu all dem sagen? Wenn Gott für uns ist» - und das ist die Art, wie er für uns uns, und wo er für uns ist, und wann er für uns ist, durch seine Liebe in allem - was wollen wir da noch sagen? Nun, nach diesem gewaltigen Entwurf der Liebe Gottes, und indem er sie mit Israel auf diese höchst eindrückliche Weise illustriert hat, beantwortet er seine Frage, mit den Worten: «Darum ermahne ich euch, angesichts (dieses) Erbarmens Gottes, eure Leiber als ein lebendiges, heiliges und wohlgefälliges Opfer Gott darzubringen; denn das ist euer vernünftiger (oder: sachgemäßer) Gottesdienst» (12, 1). Was sollen wir also sagen? Die Antwort soll nicht mit Worten geschehen, sondern mit einer Tat - «bringt euren Leib dar durch das Erbarmen Gottes». «Diese Liebe, so erstaunlich, so göttlich, fordert unsere Seelen, unser Leben, unser Alles».

«Ihr Herren, wir möchten gerne Jesus sehen!»

Wonach haltet ihr Ausschau? Das ist es, was ihr sehen solltet, wenn ihr Jesus seht - die Liebe Gottes im Angesicht von Jesus Christus.

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