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Menschen, deren Augen den König sahen

von T. Austin-Sparks

Kapitel 4 - Sehen... Verändert... Verklärt

«Und nach sechs Tagen nahm Jesus den Petrus, den Jakobus und dessen Bruder johannes mit sich und führte sie beiseite auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verklärt, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht... und siehe, eine Stimme aus der wolke sprach: Dies ist mein beliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; auf ihn sollt ihr hören» (Mt. 17.1.2.5)

«Wir alle aber, indem wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen wie in einem Spiegel, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, nämlich vom Geist des Herrn» (2. Kor. 3,18)

Das Bindeglied zwischen diesen beiden Abschnitten liegt in einen einzigen Wort, das leider durch die Übersetzung etwas verdunkelt wurde. In der «King James Version» heißt es «verändert werden in dasselbe Bild». In der revidierten Ausgabe steht: «werden verwandelt in dasselbe Bild». Die Revisoren haben bestimmt eine geringe Verbesserung herbeigeführt, doch haben sie, vielleicht mit einem gewissen Feingefühl oder einem Gefühl für das, was passt oder nicht passt, es vermieden, die eigentliche Übersetzung zu bringen und haben sich darum für die leicht verbesserte Fassung «verwandelt» entschieden. Tatsache aber bleibt, dass wir hier dasselbe griechische Wort haben wie das, das benutzt wird, um die Vorgänge auf dem Berg zu beschreiben - «und er wurde vor ihnen verklärt». Das ist genau das gleiche Wort wie das, welches hier alternativ mit «verändert» oder «verwandelt» übersetzt wird. Die genaue Wiedergabe des Textes würde also hier lauten: «werden verklärt in dasselbe Bild». So erfahren also die Kinder Gottes eine Verklärung, wie sie auch Jesus erlebt hat. Bei ihm handelte es sich um ein konkretes Ereignis, einen Akt; etwas, das sozusagen in einem bestimmten Moment geschah. Wir wissen nicht, wie lange es dauerte, aber es war ein ganz bestimmter Zeitpunkt. Bei uns ist es ein langer Prozess; tatsächlich, schon vom Anfang des Christenlebens an bis zu seinem Höhepunkt wird erwartet, dass dies mit uns geschieht: dass wir «verklärt werden in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit».


Das Hervorstrahlen der Herrlichkeit
von einem vollkommenen Menschen

Das bedeutet natürlich sofort eine sehr klare Herausforderung an uns, an die christliche Geschichte, das christliche Leben und den christlichen Prozess. Es mag sein - und ich bin mir stets bewusst, dass ich mich auf einem sehr heiklen Terrain befinde, wenn ich einen Vergleich herstelle zwischen dem Herrn Jesus und uns - dass es bei ihm etwas anders ist. Es wurde gesagt, die Verklärung sei das Hervorstrahlen seiner Gottheit gewesen, und das möchte ich nicht bestreiten; wenn dies zutraf, dann ist es in Ordnung; es berührt das Ergebnis in keiner Weise. Aber wir haben Grund, zu glauben, dass es noch etwas anderes als dies gewesen ist - dass es sich um die Vervollkommnung seiner Menschheit handelte, um das Hervorstrahlen der Herrlichkeit Gottes von einem vollkommenen Menschen. Wir glauben, und wir haben den Eindruck, Grund für diesen Glauben zu haben, dass etwas in dieser Richtung Gottes Absicht für alle Menschen gewesen ist, als er sagte: «Lasst uns Menschen machen in unserem Bild». Und wenn so viel im Wort steht von der Herrlichkeit, und von der Verherrlichung, welche die Vollendung unserer Pilgerreise sein wird, dann muss es etwas in der Verklärung unseres Herrn Jesus geben, das nicht absolut isoliert (d.h. unabhängig) ist von dem, was der Herr für uns beabsichtigt hat.

Darauf möchte ich nun in dieser gegenwärtigen Betrachtung den Nachdruck legen; das ist der Punkt, um den es mir geht. Im Grunde haben wir in einer früheren Betrachtung von dieser Angelegenheit genau dies gesagt. Wir sagten damals, dass die Herrlichkeit, die da über ihn kam, die von ihm ausstrahlte, ihn erfüllte und ihn verklärte, die Herrlichkeit seiner Persönlichkeit war, wie sie Gott aufs Äußerste befriedigte. Denn die Befriedigung Gottes ist stets der Grund zur Herrlichkeit, wo immer ihr in der Bibel hinschaut. Wo immer ihr irgendwo diesen Zustand der Dinge findet, an dem Gott Wohlgefallen hat, findet ihr auch die Herrlichkeit dort - da füllt die Herrlichkeit alles aus und bricht hervor. Das ist beim Herrn Jesus auf überragende Weise der Fall, und das ist der Grund, warum an diesem Punkt die Stimme vom Himmel ihn beglaubigte, ihn auszeichnete, und sagte: «...an dem ich Wohlgefallen habe». Der Vater war vollständig befriedigt.

Ich wiederhole: Es war also die Herrlichkeit seiner Persönlichkeit als der Sohn des Menschen; denn fast in unmittelbarer Verbindung dazu redete er von «Kommen des Menschensohnes in der Herrlichkeit des Vaters». Dies, insofern es seine Vollendung betraf, ereignete sich nicht auf dem Berge. Der Berg war das Zeichen für den KRÖNENDEN ABSCHLUSS seiner Vollendung. Ich rede hier nicht von der Sünde - von Sündhaftigkeit oder Sündlosigkeit - sondern von der Vollendung seines Charakters, von der Vollendung jenes inneren Menschen, den wir Persönlichkeit nennen. Persönlichkeit ist etwas Seltsames, etwas Unfassbares, etwas, das ihr nicht in den Griff bekommen könnt, aber das ihr auch nicht verfehlen könnt; es ist DIE Person im Innern - der innere Mensch. Nun hat er, in diesem seinem inneren Leben, diese ganze Sache des Wohlgefallens Gottes, dessen was Gott befriedigt, bewerkstelligt, eben durch sein Leben. Es gab auch schon eine göttliche Beglaubigung mit denselben Worten bei seiner Taufe, was möglicherweise anzeigte, dass diese dreißig Jahre gutgeheißen wurden; ganz sicher aber bedeute es dies, dass der Schritt, den er nun zu tun im Begriff war, das Hinaustreten an die Öffentlichkeit und das Akzeptieren des Kreuzes (denn seine Taufe schloss dies ganz bestimmt mit ein), gutgeheißen wurde. Das führte zu dem Wort vom Himmel: «Mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe».

Nun aber, ging diese Periode zwischen der Taufe und dem Kreuz zu Ende, und was für eine Periode war dies doch! Einer der Verfasser des Neuen Testamentes bemerkt, er sei «IN ALLEM versucht worden wie wir». Und das alles war eingepackt in drei Jahre und ein paar Monate. Ja, die Hölle prüfte ihn; die Welt prüfte ihn; und in einem gewissen Sinne prüfte ihn auch der Himmel. Er wurde in jedem Detail untersucht, und gewann durchwegs. In dieser Zeit wurde er «vollkommen gemacht durch Leiden», «er lernte Gehorsam durch die Dinge, die er erlitt». Diese Zeit brachte das innere Leben, die innere Persönlichkeit, zur Vollendung. Nun, ihr werdet sehen, warum ich dies von Anfang an gesagt habe; es ist nicht neu, es ist nicht frisch, aber es ist für alles andere grundlegend. Das ist der springende Punkt.


«Wir alle ... werden verklärt»

Der Apostel greift auf dieses Wort zurück und sagt: «Wir alle ... werden verklärt in dasselbe Bild». Ich bin froh, dass er dieses kleine Wort mit seiner so umfassenden Bedeutung benutzt: - «wir alle...». Er redet nicht nur von sich selbst und seinen Mitarbeitern, von Brüdern im Werk; er redet von den Korinthern und von allen Gläubigen. «Wir alle, schauen mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn und werden verklärt in dasselbe Bild». Er greift auf das gleiche Wort zurück und wendet es auf alle Heiligen an; damit macht er aus dem, was im Herrn Jesus vollendet und erfüllt wurde, zu einem ständigen Prozess im Leben der Gläubigen. Er sagt einfach: Was in diesem Einen vollendet und erfüllt worden ist, muss nun schrittweise in uns reproduziert werden; diese Vollendung, diesen Charakter, diese Persönlichkeit - die Persönlichkeit des Herrn Jesus - vollendet, in uns hinein gebracht, in uns entwickelt, durch uns manifestiert. Für «Persönlichkeit» könnten wir ebenso gut das Wort «Charakter» verwenden.

Nun, was wir uns als erstes in diesem Zusammenhang merken sollten, und was natürlich so hilfreich und ermutigend ist, ist das, womit der Apostel diese Feststellung abschließt: «durch den Herrn, Geist». Bei allem, was wir über das Kommen, die Person und das Werk des Heiligen Geistes wissen, alle Auswirkungen seines Kommens und seiner Innewohnung, wollen wir dies als alles überragend erkennen: Das umfassende Werk des Heiligen Geistes, in all seinen vielfältigen Aktivitäten, ist dieses eine - den Herrn Jesus in einem Volk zu reproduzieren. Wenn ihr über den Heiligen Geist betet, und wenn ihr über den Heiligen Geist sprecht, dann denkt daran. Das überragende und umfassende Ziel des Heiligen Geistes ist es, den Herrn Jesus in seinem Charakter, seiner Persönlichkeit, seiner vollkommenen Mann- und Menschheit, in einem Volk zu reproduzieren.

Das stellt uns, euch und mich, stark auf die Probe. Wenn wir wirklich darüber nachsinnen - und es hat mein eigenes Herz bis zu dem Punkt herausgefordert, dass ich zögere, frei heraus zu sprechen - dann ist die Probe dafür, dass der Heilige Geist seinen Weg hat in eurem und meinem Leben, der Beweis dafür, dass er da ist und das er sein Werk vollbringt, unsere Verklärung. Mit andern Worten: Wird das, was Christus in seiner vollkommenen Menschheit ist, mehr und mehr in uns, in unserer Natur, in unserem Herzen wahr? Der wahre Test für ein vom Geist beherrschtes Leben liegt hier: in der progressiven Zunahme des Charakters von Christus. Wenn wir uns als wirklich vom Geist beherrschte Männer und Frauen versammeln, dann ist dass, was wir in einander antreffen sollten, der Herr Jesus; und das darf nicht nur heute so sein, nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt in unserem Leben, sondern weiter und weiter für alle Zeit.


Verklärt durch die Freisetzung des Geistes

Das ist der Test und der Beweis für die Herausforderung der Gegenwart des Heiligen Geistes, und auch für die Freiheit des Geistes, zu wirken. Seht ihr, der Apostel sagt das gerade hier, gerade einen Vers vorher: «Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit» (2. Kor. 3,17). Natürlich stellt er hier einen Vergleich an, er stellt es in Kontrast zu der alten Heilszeit des Gesetzes - mit Moses, der mit dem Gesetz herab kommt. Dort war alles Pflicht (compulsion); es hieß «du sollst», oder «du sollst nicht»; Sklaverei, Knechtschaft, Begrenzung, Unterdrückung, Druck, und ängstliches, furchtvolles Abmühen. Nun ist das alles vorbei, und der Geist kommt und hat seinen Weg. Moses, als eben der, der jene Ordnung der Dinge und jene Heilszeit repräsentierte, musste ein Tuch über sein Gesicht hängen - nicht, um die Herrlichkeit zu verbergen, sondern, um die Abweichung von der Herrlichkeit zu verbergen, er musste tun, als ob; tun als ob - denn ihr wisst ja, es war eine Zeitepoche des «Scheinens», zumindest nach außen. Genau dagegen lief der Herr Jesus zu seiner Zeit Sturm bei den Schriftgelehrten und Pharisäern. Er nannte sie «Heuchler», das heißt, sie gaben vor, etwas zu sein, was nicht der Wahrheit entsprach; es war alles nur vorgetäuscht, nach außen hin. Die Herrlichkeit, die abhanden gekommen war, konnte man durch diesen Vorhang des Vortäuschens nicht sehen.

Doch mit Christus, sagt der Apostel, ist all dies vorbei; der Geist ist gekommen, und er ist ins Innere gekommen; jetzt sind wir von diesem alten Wesen befreit. Wenn der Geist Herr ist, bedeutet das Freiheit; dann ist alles spontan, frei, es geschieht einfach. Ihr müsst nicht tun als ob, ihr müsst euch nicht anstrengen, euch fürchten, sorgen, oder etwas unterdrücken: es geschieht einfach, wenn der Heilige Geist da ist. Und was geschieht, was geschieht wirklich? Die Herrlichkeit des Herrn - das heißt, die Vollendung seiner Menschheit - fängt an und fährt fort, sich in uns spontan zum Ausdruck zu bringen. Das ist «das Leben des Geistes». Es ist «das normale Christenleben». Es ist abnormal, wenn es nicht auf dieser Ebene stattfindet, und es ist auch abnormal, wenn es mehr ist als das. Das «Normale» aber ist dies, dass der Heilige Geist, wenn er seinen Weg hat, dieses eine tut: Er macht Christus mehr und mehr in unserem sterblichen Leib offenbar.

Das ist also das Herz dieser Sache. Nun, der Punkt ist der, dass dies das Werk des Heiligen Geistes ist. Das hilft uns sehr viel, dass der Heilige Geist die Verantwortung dafür in seine eigenen Hände genommen hat. Ihr und ich, wir brauchen uns nicht abzumühen, um Christus ähnlich zu werden. Bei allem Respekt für Thomas a Kempis, es geht nicht um eine «Imitatio Christi» - etwas, das wir zustande zu bringen VERSUCHEN. Es ist dies: Für ein wahres Kind Gottes, das nicht bewusst etwas dem Heiligen Geist in den Weg legt, ist es ebenso natürlich, christusähnlich zu werden, wie zu atmen. Nun, ihr hört nicht damit auf, zu diskutieren, ob ihr noch weiter atmen werdet, wie viele Atemzüge ihr noch zu nehmen gedenkt; ob ihr jetzt atmen wollt, oder ob ihr es für später aufheben und eine Theorie dafür aufstellen wollt - ihr atmet ganz einfach, ohne euch etwas dabei zu denken. Und es ist ebenso natürlich wie dies, weil der Heilige Geist unser Atem, unser Leben ist. Stellt das den vielen Schwierigkeiten gegenüber, die Menschen haben, christusähnlich zu sein.

Verklärung durch Trübsale

Nun, was hier gesagt wird, sind diese beiden Dinge: Zuallererst haben wir das Muster, vollkommen, vollständig - der verherrlichte Christus. Der Heilige Geist kommt, um dieses Muster schrittweise in den Kindern Gottes auszugestalten. Zu diesem Zweck ist er gekommen, um dies zu übernehmen und es auch auszuführen. Es ist uns nicht gestattet, zu sagen, wie er das tun soll; er wählt seinen eigenen Weg. Das führt uns gleich zum Nächsten, Der Apostel fährt fort: «Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überragende Kraft von Gott sei und nicht von uns» (2. Kor. 4,7). Nun, wie wird es denn geschehen? Wie sollen diese Gefäße aus zerbrechlichem Lehm diese Herrlichkeit des Charakters Christi enthalten, in zunehmendem Maße enthalten und manifestieren? Nicht auf die Art, wie wir vielleicht denken oder wählen mögen: «Wir werden überall bedrängt...wir kommen in Verlegenheit... wir werden verfolgt... wir werden niedergeworfen... wir tragen allezeit das Sterben des Herrn Jesus am Leib umher... wir, die wir leben, werden beständig dem Tod preisgegeben um Jesu willen... der Tod ist wirksam in uns...» (Vv 8-12).

Das ist eine eher verwirrende, entmutigende Sicht der Dinge, aber das ist tatsächlich die Art, wie der Geist vorgeht. Tatsache bleibt, ob wir das mögen oder nicht, die: «von allen Seiten bedrängt» bedeutet, dass wir in mehr vom Herrn Jesus hinein gedrängt werden, und dass etwas mehr vom Herrn Jesus in uns hineingepresst wird. Es bedeutet, dass wir, ihr und ich, nie nur durch diese Trübsale und Widrigkeiten zu der Verklärung kämen. Sie sind bloß die Mittel, durch die der Heilige Geist uns vollendet und uns in Christus heranwachsen lässt.

Es ist traurig, dass es so sein muss; es ist wirklich schade, dass wir nicht christusähnlich werden können, ohne dass wir in Schwierigkeiten, Probleme und Leiden hineingeraten, aber so ist es nun einmal! Verschont die Leute absolut von jeder Art von Schwierigkeiten und Problem und seht, was für Leute sie dann sind - selbstbezogen, auf sich selbst beschränkt, selbstsicher. Leute, die nie krank sind, haben große Schwierigkeiten damit, für die Kranken Mitgefühl und Verständnis aufzubringen. Sie müssen sich zumindest gewaltig anstrengen, um mit ihnen geduldig umgehen zu können - darum sehe ich es gern, wenn Ärzte auch manchmal krank werden. Doch Sympathie, Verständnis, Geduld gewinnen wir nur entlang dieser Linie von schmerzhaften Erfahrungen; es ist eine Frage des Charakters, oder etwa nicht?

Und so stellt der Apostel unserer Verklärung all diese Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten zur Seite, und im Grunde sagt er damit: Das ist das Material des Heiligen Geistes; das sind die Instrumente des Heiligen Geistes, mit denen er Christus in uns hineinwirkt. Wenn wir nicht rebellisch sind, wenn wir nicht zulassen, dass sich Bitterkeit in unseren Geist einschleicht, dann funktioniert es genau so. Unter der Herrschaft des Heiligen Geistes werden Leiden und Trübsal, Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten, dies bewirken.

Beschäftigung mit dem Herrn

Aber dann stellt uns der Apostel hier auf eine Probe; er sagt: «Wir alle aber, indem wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen wie in einem Spiegel...» (2. Kor. 3,18). Hier hatten die Revisoren einige Schwierigkeiten, wie die Übersetzer der Authorized Version ihre Schwierigkeiten hatten, und sie konnten ihre Schwierigkeit nicht beheben. Hier ist etwas, von dem sie nicht richtig wussten, was Paulus eigentlich meinte, so haben sie es auf diese verschiedenen Arten versucht - auf die, die wir im Text und in der Randlesart haben. Meinte er wirklich, wir seien ein Spiegel? Dass das Bild wie auf einen Spiegel auf uns geworfen wird und wir es widerspiegeln - hat er das gemeint? Oder meinte er etwa, Christus seid er Spiegel, und wir schauen in ihn hinein und reflektieren dann die Herrlichkeit Gottes? Ich denke, dass er genau das meinte. Er sprach von der «Herrlichkeit Gottes im Angesicht von Jesus Christus» - Ich denke, das Wort «Angesicht» ist eigentlich gleichbedeutend mit «Spiegel». Ich weiß, es ist nicht dasselbe griechische Wort, aber es ist bloß der Bedeutung nach ein anderes Wort; es heißt ja «im Angesicht von Jesus Christus». «Und wir, indem wir anschauen, gleichsam im Angesicht von Jesus Christus» - das ist es, wovon der Apostel hier spricht.

Nun, das Wort «anschauen» ist ein starkes Wort; es meint nicht, bloß einen Blick zu werfen, es bedeutet «etwas fest anstarren». Das ist es, was das Neue Testament mit «anschauen», «betrachten» meint. Wir alle aber starren Christus an, da er in seiner eigenen Person die Herrlichkeit Gottes, die Befriedigung Gottes, den Sinn Gottes in Vollkommenheit widerspiegelt. Der Punkt, um den es geht, ist der, dass wir, ihr und ich, den Herrn Jesus im Geist betrachten und uns viel mit ihm beschäftigen sollen. Wir müssen unser Allerheiligstes haben, wo wir uns mit ihm zurückziehen. Wir müssen einen verborgenen Ort haben, wo wir Zeit mit ihm verbringen. Und das nicht nur zu bestimmten besonderen Zeiten, sondern wir müssen bestrebt sein, ihn stets vor uns zu haben, während wir vorwärts schreiten. Indem wir auf den Herrn Jesus blicken, ihn betrachten, werden wir in dasselbe Bild verwandelt. Der Heilige Geist wird sich mit uns beschäftige, während wir uns mit dem Herrn beschäftigen.

Ihr werdet zu dem, was euch in seinen Bann zieht, was euch beschäftigt. Ist es nicht so? Ihr seht, womit sich die Leute beschäftigen, und ihr könnt sehen, wie sich ihr Charakter durch ihre Beschäftigungen verändert. Sie werden wie das, was sie in seinen Bann zieht; sie verändern sich; sie werden anders. Etwas hat Besitz von ihnen ergriffen; sie können an nichts anderes mehr denken, über nichts anderes mehr sprechen; und allmählich verändert es ihren Charakter. Nun, Paulus sagte: «Für mich ist Christus das Leben; und das bedeutet, mit ihm beschäftigt zu sein». Wir verwenden das falsche Wort, aber dennoch wäre es gut, wenn er zu unserer «Obsession», zu unserer ständigen Beschäftigung würde. Während wir ständig ihn anstarren, verwandelt uns der Geist in dasselbe Bild.

«Dieser Dienst» gilt allen: Ein Frage des Charakters

Beachtet den Kontext dieser Worte im 2. Korintherbrief. Der Apostel beschäftigt sich vorwiegend mit der Auswirkung des Lebens der Gläubigen in dieser Welt, auf der Erde. Er nennt die Wirkung «diesen Dienst». Vielleicht benötigt dieses Wort eine Verklärung für uns. Beachtet, dass, wenn er sagt: «wir ALLE, anschauend...», er alle Gläubigen in diesem Wort «Dienst» einschließt. Es sind ALLE Gläubigen, die er bezüglich des Dienstes anspricht. Und hierin liegt ein ungeheurer Unterschied. Unsere technischen, professionellen Konzepte von «dem Dienst» sind fast ausschließlich äußerlicher Natur: das heißt, ihr bekommt einen Titel, ihr zieht, mehr oder weniger, eine Uniform an; und so seid ihr «der Diener». Es ist alles von außen her übergestülpt, und darum kanne es nur künstlich sein. Was jedoch der Apostel hier sagt, ist dies, dass der Dienst nicht etwas ist, dass ihr euch überzieht, sondern etwas, das aus dem Innern kommt. Wir ALLE - und das schließt euch, meine Brüder und Schwestern, mit ein - sind zum Dienst berufen. Jedwede spezielle Anwendung dieses Wortes wäre im Neuen Testament nur nach MASS, nicht aber nach der ART, erlaubt. Das heißt dann, dass einige einen besonderen Dienst haben, und auf diese besondere Weise sind sie Gottes Diener, in diesem besonderen Maß. Es ist nicht so, dass sie eine besondere Klasse bilden, die man «Diener» nennt, und die andern Leute sind dann die Laien - solche Vorstellungen sind dem Neuen Testament vollkommen fremd. «Wir ALLE, anschauend» haben den Dienst, der aus dem «Anschauen» hervorgeht. Und so sind wir alle zum Dienst berufen; er ist ganz einfach die Auswirkung dessen, dass wir hier sind.

Nun, was sagt der Apostel darüber? Er bringt ganz klar zum Ausdruck, dass die Persönlichkeit und der Dienst eins sein müssen. Wie erforschend das doch ist, aber auch wie bedeutungsvoll. Der Dienst darf nicht einfach eine «Sache» sein - predigen, lehren, und all die Dinge, die wir unter «Dienst» verstehen - dass etwas Bestimmtes getan wird, während der Mann selbst anders ist, die Person selbst also nicht betroffen ist. Was Paulus hier mit solchem Nachdruck sagt, ist dies: Wenn ihr einem wahrhaft vom Geist bewohnten und vom Geist beherrschten Mann oder einer entsprechenden Frau begegnet, dann kommt das, was sie sagen, aus ihr Leben hervor - es ist ein Teil ihres Lebens. Man kann sehen, dass das, was sie lehren, in ihre Geschichte und ihre Erfahrung hinein gewirkt wurde. Wenn dieser Mann oder diese Frau zu lehren, also zu «dienen», versucht, etwas typisch Christliches zu jemandem zu sagen, merkt man, dass das aus einer verborgenen Geschichte mit Gott hervorkommt, dass es etwas ist, das der Heilige Geist in ihnen getan hat. Ihr Dienst und ihr Charakter sind identisch.

Das ist in der Tat sehr wichtig; es ist sogar unentbehrlich. Das ist der Grund, weshalb der Heilige Geist es so peinlich genau nimmt mit dem Charakter, warum er der Persönlichkeit, dem inneren Menschen, dem inneren Leben so viel Aufmerksamkeit widmet. Das ist der Grund, warum, wenn wir unter seiner Herrschaft stehen - und dies bezieht sich nicht auf jeden, der dient, der in irgend einem christlichen Dienst tätig ist - sondern wenn wir wirklich unter der Herrschaft des Heiligen Geistes sind, wenn wir in Worten über das hinausgehen, was für unser eigenes Leben zutrifft, der
Heilige Geist uns diesbezüglich zur Rede stellen wird, und schließlich auch dafür sorgen wird, dass wir auf die Höhe unserer Lehre gebracht werden - dass die Sache angemessen und ausgeglichen gehalten wird. Habt ihr je etwas gesagt, und der Heilige Geist hat euch zur Rede gestellt und gesagt: Stimmt das bei dir? Hast du das wirklich gesagt? Das ist sehr wichtig, und, wenn wir ehrlich sind, möchten wir es gar nicht anders haben. Wir möchten, dass es so ist.

Der Eindruck der Herrlichkeit

Doch das ist etwas, das die Herrlichkeit mit hineinzieht - das ist der springende Punkt. Es gibt so etwas wie die KRAFT des Heiligen Geistes in der Herrlichkeit. Bei einer früheren Gelegenheit sprachen wir davon als vom «Eindruck» - vom Eindruck der Verklärung auf jene Männer; und auch vom Eindruck dessen, dass irgend jemand nachher den Herrn sehen wird - von dem, was als Kraft registriert wird. Nun, vielleicht begehren und wünschen wir, ihr und ich, mehr als irgend etwas anderes, dass in unserem Leben ein solcher Eindruck zum Vorschein kommt, dass da Kraft vorhanden ist, dass unser Leben sich bemerkbar macht, dass unsere Gegenwart die Dinge nicht einfach lässt, wie sie sind. Uns verlangt danach, während wir voran gehen, und auch wenn wir schon heimgegangen sind, dass irgend ein Eindruck zurückbleibt, zumindest durch unsere Gegenwart, und vielleicht sogar durch unseren Dienst - etwas, das bleiben wird. Ja, Eindruck (impact) ist ein sehr gutes Wort.

Das aber hängt mit der Herrlichkeit zusammen - das IST die Herrlichkeit. Es macht sich bemerkbar; es ist etwas, das bleibt. Die Dinge mögen sich einschalten, und manchmal kann die Herrlichkeit sogar verdeckt werden, aber da ist etwas, das wieder hoch kommen wird. Ich gestehe, dass ich Schwierigkeiten mit dem Verständnis gehabt habe - und dennoch ist ein gewisses Verständnis vorhanden, weil wir alle gleich zusammengesetzt sind - wie drei Männer, und einer von ihnen ganz besonders, auf dem Berg der Verklärung sein konnten, und dass sie dennoch alle, in der Stunde der Bedrängnis, ihn allein lassen und um ihr Leben fliehen konnten; oder wie einer unter ihnen, der durch eine Offenbarung vom Vater erklärt hatte, Jesus sei der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes - wie dieser Mann dennoch, als die Stunde kam, ihn mit Schwüren und Flüchen verleugnen konnte. Und doch war dies alles bloß ein Verhüllen für eine bestimmte Zeit; später kam die Herrlichkeit wieder zum Vorschein. Sie kam bei Petrus am Ende wieder zum Vorschein. Viele Jahre danach erinnerte er sich: «Wir waren mit ihm auf dem heiligen Berg». Es blieb. Es gab wohl einen zeitweiligen Unterbruch, aber es war etwas, das sie nicht vergessen konnten. Gott möge verhüten, dass bei uns je ein solcher Unterbruch eintritt; vielleicht werden wir nie denselben Weg gehen müssen wie sie. Doch es gibt eine Dauer in dieser Angelegenheit - ein bleibender Eindruck davon, dass wirklich Christus in unserem Herzen geoffenbart wurde; und durch diese innere Offenbarung von ihm entsteht eine Manifestation seines Charakters, etwas, das bleibt.

Nun, es ist klar, dass wir das nicht von allem, was «Dienst» genannt wird, sagen können. Vielleicht ist es bloß eine Predigt, eine Ansprache, etwas, was vorgetragen wird, und es geht vorbei. Und dann geht es gleich weiter, routinemäßig, Woche für Woche, Woche für Woche. Aber natürlich möchten wir es nicht so; wir möchten wirklich nicht, dass wir einfach kommen und gehen, dass die Dinge vorübergehen, ohne irgend ein bleibendes Zeichen zu hinterlassen. Nein, es ist ein Eindruck damit verbunden. So geht es also nicht einfach um das, was wir gemeinhin «Dienst» nennen - um etwas Äußerliches. Der «Dienst» ist für Paulus nichts Geringeres, nichts Anderes, als das, was Christus entspricht, der aus dem leben seiner Diener, seines Volkes hervorgeht; er ist da, und tritt hervor.

«Darum, weil wir diesen Dienst haben gemäß der Barmherzigkeit, die wir empfangen haben... lehnen wir die schändlichen Heimlichkeiten ab; wir gehen nicht mit Hinterlist um und fälschen auch nicht das Wort Gottes; sondern indem wir die Wahrheit bekannt machen, empfehlen wir uns jedem menschlichen Gewissen vor dem Angesicht Gottes» (2. Kor. 4,1-2).

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.