von Verschiedene Autoren
Teil 15 - In der Schule des Gebets
«Und der Herr wendete Hiobs Geschick, als er für seine Freunde bat; und der Herr erstattete Hiob alles doppelt wieder, was er gehabt hatte» (Hiob 42,10)
Es besteht eine erstaunliche Folgerichtigkeit hinsichtlich der Anordnung vieler der Bücher in der Bibel; obwohl chronologisch gesehen alles falsch ist, wenn man der Ordnung folgt: Nehemia, Esther, Hiob; so ist dennoch geistlich gesehen alles in Ordnung. Jedes dieser Bücher hat seine Mitte in, oder betont zumindest diese Angelegenheit, der Fürbitte. Nehemia ist das Werk von Gebet. Das Gebet ist in Nehemia allgegenwärtig; Gebet jederzeit, lange Gebete, kurze Gebete, aber es ist alles Gebet in Verbindung mit dem Werk, und Werk in Verbindung mit dem Gebet. «In allem... durch Gebet und Flehen» (Phil. 4,6) - ich denke, das ist Nehemia. In Esther schlagen wir einen tieferen Ton an: Es ist das Gebet der Liebe, opferbereite Liebe, in dem einen großen Moment der Fürbitte von Esthers Leben. Und im Falle von Hiob gehen wir noch tiefer, wobei natürlich die beiden andern mit eingeschlossen sind. Hier haben wir nicht jemanden, der nicht so sehr durch das gekennzeichnet wird, was er tut, als viel mehr jemanden, dessen Handeln aus dem kommt, was er ist, ein LEBEN des Gebets.
Was musste Hiob nicht durchmachen! Dieser Vers scheint mir so etwas wie der Gipfel oder der Höhepunkt seiner Erfahrung zu sein, und gleichzeitig ein Wendepunkt für ihn persönlich. Er betete für seine Freunde. Was für ein Gebet! Was für eine Not! Und was für ein Mann, dieses Gebet zu sprechen! Wir dürfen das Gebet nicht als eine jener geringeren Aktivitäten des Lebens betrachten. Bei Hiob jedenfalls sieht es so aus, als wäre dies der Höhepunkt seines ganzen Lebens. Nun kann er beten! Vielleicht sagt ihr: «Jetzt ist er reich». Das stimmt. «Jetzt ist er wohlhabend». Auch das stimmt. Doch ich würde sagen, nachdem wir doch bis zum Kapitel 41 vorgedrungen sind: JETZT kann er beten. Nicht, dass er nicht schon vorher gebetet hätte, doch etwas geschah im Manne selbst, das seinem Gebet Qualität verlieh. Wir wissen, dass im Fall unseres Herrn Jesus die Frucht seines Konflikts mit Satan, der Höhepunkt all seiner Erfahrung, eben dies war - dass er von da an lebte, um Fürbitte zu leisten. Es geht nicht bloß um die Tatsache, dass wir beten können, und um das Wunder, dass Gott Gebete erhört, oder dass «mehr Dinge durch das Gebet bewirkt werden, als sich die Welt erträumen kann», oder ähnliches. Es geht um etwas viel Tieferes. «Weil er für immer lebt, um für sie einzutreten» (Hebr. 7,25). Wie viel verdanken wir doch seiner Fürbitte! Doch wie viel verdanken seine Gebet doch dem, was er ist. Die Qualität der Gebete kommt natürlich von ihm, dem Sohn gottes, dem Vollkommenen; aber ebenso sehr kommt es, wie uns der Hebräerbrief berichtet, aus einer tiefen Erfahrung der Züchtigung und des Leidens, die ihn zu einem fähigen Fürbeter gemacht haben.
«Und der Herr wendete Hiobs Geschick, als er für seine Freunde bat». Ihr müsst das Wort „Freunde“ in Anführungszeichen setzen. Es ist sehr leicht, für eure Freunde zu beten, wenn sie wirkliche Freunde sind, aber ich denke, wir pressen die Geschichte nicht allzu sehr, wenn wir sagen, dass, als Hiob betete, er für seine Feinde betete. Ich kann nicht sehen, was sie noch mehr hätten tun können, um ihm das leben unmöglich zu machen, als sie getan haben. Das einzige, was sie noch hätten tun können, war, ihn allein zu lassen, und darum bat er sie auch, aber sie wollten nicht. Es war also nicht aus herzlicher Zuneigung - also jenes Gefühl, das wir für unsere Freunde empfinden, das uns veranlasst, für sie beten zu wollen. Es waren die Männer, die ihm so viel Schmerz und Kummer bereitet haben, die aber Gebet so dringend nötig hatten. Ich frage mich, ob wir das sehen können! Da sind Männer: sie wissen alles über Gott. Einige der kostbaren Dinge, die im Buch Hiob über Gott gesagt werden, stammt nicht von Hiob, sondern von seinen Freunden. Hiobs Freunde sagten einige der Abschnitte, die ihr liebt. Sie hatten Recht, sie wussten alles über ihn, und doch waren sie so ganz anders als er - so hart, kritisch, unfreundlich. Das ist eine Herausforderung an uns. Ihr könnt alles über Gott wissen, und doch ihm ganz unähnlich sein.
Es ist sehr interessant, dass Hiobs Erfahrungen vom Herrn dazu benutzt wurden, nicht nur seinen eigenen Zustand und seine Not an die Oberfläche zu bringen und zu enthüllen, sondern auch den Zustand und die Not seiner Freunde. Wie vieles mag um eure und meine Erfahrung kreisen sowohl für andere Leute als auch für uns! Es kam alles an die Oberfläche; nicht nur das, was Hiob war, sondern auch was sie waren, und das war, wie hart, kritisch und unfreundlich sie ihm persönlich gegenüber waren. Vielleicht liege ich falsch, aber ich habe stets das Gefühl, dass, als Hiob anfing, seinen Tag zu verfluchen, dies wirklich durch seine Freunde verursacht worden war. Als all die Leiden über ihn herfielen, pries er den Herrn und war geduldig. Doch diese Männer kamen, um ihn zu bemitleiden, und sieben Tage lang saßen sie nur da und sagten kein Wort; doch waren es sieben Tage in einer kritischen Atmosphäre, sieben Tage voller auf euch gerichteter Augen, und ihr wisst genau, was sie denken. Es war zu viel für Hiob, und oft ist es auch zu viel für uns. Und dann fingen sie an, ihren Mund zu öffnen, und die zweite Phase ihrer so genannten Freundlichkeit hob an. Was für eine schmerzliche Erfahrung war es doch für Hiob, zu erleben, wie die stachligen Pfeile ihrer ungerechten Interpretation seiner Erfahrung, ihrer falschen Urteile, in sein zitterndes und leidendes Fleisch eindrangen. SIE waren die Leute, die Gebet benötigten!
Ich denkt nicht so über sie. Ihr glaubt, sie benötigten etwas anderes, doch sie benötigen Gebet. Als Gott sich offenbarte, wurde nicht nur Hiob beschämt, sondern diese Männer traf der Schlag. Es ist ein neues Licht über die groben, harten, kritischen Leute, welches das Leben noch schmerzvoller macht, als es ohnehin schon ist. Es trifft zu, dass, als Hiob alles im Licht der Gegenwart Gottes sah, er sich selbst sah, aber er sah auch die Not dieser armen Männer. SIE hatten Gebet nötig. Nun, sie waren neue Männer in diesem Sinne; aber was für ein neuer Mann war Hiob, als er für sie betete.
Wie wir gesagt haben, diente er bereits vor diesen Erfahrungen in einer priesterlichen Eigenschaft. Ihr lest im ersten Kapitel davon. Er trat für seine Familie fürbittend ein. Hiob konnte beten, und er betete auch, doch das hier ist ein neuer Hiob, und es liegt auch eine neue Kraft in seinem Gebet. Was ist denn so neu daran?
a. Ein neuer Sinn für die Sünde
Zuallererst, und das ist seltsam genug, entsteht ein neuer Sinn für die Sünde. Ihr würdet kaum erwarten, dass das bewirkt, dass ihr besser betet, aber genau das ist nötig. Gott gemäß hat Hiob Dinge gesagt, die richtig sind; aber Hiob, so jedenfalls empfand es Elihu (und er scheint für Gott gesprochen zu haben), war ein Mensch, der sich selbst anstatt Gott rechtfertigte. Hiob war es, der sagte: «Ich halte an meiner Gerechtigkeit fest» (Hiob 27,6). Er war selbstgerecht, und um diese Tatsache zu enthüllen, wurde dem Teufel erlaubt, mit ihm so umzugehen, wie er es dann auch tat. Selbstgerechtigkeit ist ein großes Hindernis für das Gebet. So brachte der Herr Hiob an den Punkt, wo jeder Faden von Eigensinn äufs äußerste preisgegeben und verworfen wird. Er hatte einen neuen Sinn für die Sünde.
Ihr wisst, wie der Brief an die Römer zwischen Sünden und Sünde unterscheidet, und es war etwas in dieser Richtung, das ins Herz Hiobs hineingepflanzt wurde. Seine Freunde sagten die ganze Zeit: «Du musst irgend welche Sünden begangen haben»; Hiob jedoch sagte: «Nein, das hab ich nicht!» Sie aber sagten: «Doch, du musst welche begangen haben», er aber blieb dabei: «Nein, habe ich nicht». Als er Gott sah, erinnerte er sich nicht an einzelne Sünden, die er begangen haben könnte. Aber etwas viel Tieferes kam über ihn - eine Überzeugung, dass es, obwohl er seinen Mitmenschen ins Gesicht sehen und an seiner Integrität festhalten konnte, wenn er in die Gegenwart des Herrn trat, nicht so sehr darum ging, irgendwelche Sünden begangen zu haben, sondern dass er ein Sünder war; sein eigentliches Wesen war vor Gott unrein.
Hätten Hiobs Freunde für ihn gebetet, anstatt mit ihm zu diskutieren, hätten sie ihm vielleicht ein bisschen geholfen, aber, ich fürchte, sie hätten wohl ziemlich genau so gebetet, wie sie auch redeten: «Nun, Hiob muss dies oder jenes getan haben. Zeig ihm, dass er es getan hat!» Hätte sich Hiob auf dieser Ebene befunden - und das hätte sehr wohl sein können - als der Herr zu ihm sagte: «Bete für deine Freunde», wäre er in dieselbe Falle getappt. «Herr, der hat dies gesagt, und Bildad hat jenes gesagt, und ein anderer hat noch etwas anderes gesagt». Doch kam er in einen Bereich, wo er nicht mehr auf bestimmte Fehler von Leuten schaute, sondern wo er mit einem Empfinden der Heiligkeit Gottes und der tiefen, tiefen Unheiligkeit des Menschen überwältigt wurde. «Ich verabscheue mich».
«Nun», sagt ihr, «ein Mann, der im Staube liegt und sich verabscheut, taugt nicht viel fürs Gebet». Er ist ein solcher Mann! Wir taugen nicht viel fürs Gebet, weil wir nicht unten sind. Dieses Empfinden unserer persönlichen Unwürdigkeit und unserer Sünde, das uns vor Gott demütigt, wenn es sein Werk in uns tut, bringt uns an einen Punkt, wo wir imstande sind, zu beten, wie wir es nie konnten, als wir noch stark und selbstbewusst waren. Ihr stellt fest, dass Hiob sich nicht selber anbot, für sie zu beten. Gott sagte zu Hiob: «Nun, du bist der Mann, der beten soll». «Wieso ich, Herr? Ich bin doch abscheulich! Ich lege meine Hand auf den Mund, ich bin unrein. Ich bin ein Sünder, ich verabscheue mich!» Der Herr aber sagte: «Du bist der, der beten soll, denn du bist der einzige, der die Art von Gebet sprechen kann, das ich meine».
b. Ein neues Verständnis für das Leiden
Ein neues Verständnis für das Leiden. Hiob weiß nun, und auch wir sollten es wissen, was Gott mit Leiden meint. «Mein Knecht Hiob!» Wie mussten diese Männer vor Überraschung ihr Maul aufgemacht haben! Der Herr sagt - und achtet darauf, wie oft er es sagt: «Mein Knecht Hiob». Hätte er gesagt: «Der Mann, der einmal mein Knecht war», dann hätten sie das verstehen können; doch er sagt: «Er ist mein Knecht». Doch was hat er denn getan? Er hat gelitten. Is das alles? Ja, leiden. Er litt unter der Hand Gottes, er litt im Willen Gottes, und auf diese Weise hat er Gott gedient. Er war schon vorher Gottes Knecht. Gott sprach zu Satan: «Hast du meinen Knecht Hiob gesehen?» Aber in einem gewissen Sinne, so scheint es mir, konzentriert sich das Ende dieses Buches auf die Tatsache, dass Gott sagt: «Dies ist der Mann, der (mir) dient. Nicht diese Prediger, die herumziehen und den Leuten sagen, was richtig ist und was nicht, was sie tun sollten, und all die Theorien darüber, wie Gott mit den Menschen umgeht, sondern der Mann, der durchs Feuer gegangen ist. Er hat mir gedient». Jedermann verachtete ihn. «Einmal war er ein Knecht Gottes, doch schaut euch ihn jetzt an, aller Dinge beraubt! Er hat rein gar nichts mehr». Die Kinder machen sich lustig über ihn, und jedermann verachtet ihn. Gott sagt: «Mein Knecht», und all die Leute, die ihn verspottet und verachtet haben, hätten allen Grund gehabt, Gott aus dem Grunde ihres Herzens zu danken, dass Hiob Gottes Knecht war, denn es wäre ein schlimmer Tag für sie geworden, wäre er es nicht gewesen.
Dann aber fand Hiob noch viel mehr über das Leiden heraus: Wie Leiden euch näher zum Herrn bringt, wenn ihr es im richtigen Geist aufnehmt. Wie viel Näher war Hiob bei Gott, und wie viel näher war Gott bei Hiob am Ende des Buches! Und alles, was er getan hatte, war leiden! Das Leiden unter Gottes Hand brachte diese Nähe, und es machte aus Hiob einen anderen Menschen. Das war eines von dem, was Elihu sagte: «Wer ist ein Lehrer wie er?» (Hiob 36,22). Gott hatte Hiob belehrt, und aus einem solchen Hintergrunde hervor konnte er beten.
c. Eine neue Vorstellung von Gott
Aber ich glaube, dass Hiob aus einer neuen Vorstellung von Gott heraus so betete. Das war der Wert seiner Erfahrung. Er hatte Gott schon vorher gekannt, und er hatte auch schon vorher gebetet, jetzt aber hatte er eine vollständig neue Vorstellung von Gott. Vorher war er fähig, Gott als seinesgleichen zu behandeln. Das kommt mehr als einmal zum Vorschein, und er wird deswegen getadelt - er betrachtete Gott, als wäre er ein Mensch, statt die äußerste Transzendenz des Herrn wahrzunehmen: «Siehe, du bist nicht im Recht, erwidere ich dir; denn Gott ist größer als der Mensch!» (Hiob 33,12). Ihr würdet nicht meinen, einem Mann wie Hiob müsste man so etwas sagen, aber so war es. Der Herr nahm in beiseite und sagte: «Schau, Hiob, du gehst falsch mit mir um. Ich möchte ein sehr intimes Verhältnis, ja, aber keine plumpe Vertraulichkeit». Und das ist die Gefahr bei uns allen. Wir verwechseln Vertraulichkeit mit Vertrautheit. So wendet sich der Herr plötzlich an Hiob und sagt: «Wo warst du, als ich den Grund der Erde legte?» (Hiob 38,4). Das ist eine Frage. Doch behandelte Hiob Gott so, als wäre er dabei gewesen. Das ist eine der Gefahren. Ich weiß, das Gebet hat seine bestimmten Bereiche - den Bereich des exekutiven Gebets, den Bereich der Gemeinschaft mit Gott, aber das sind gefährliche Bereiche, wenn wir nicht realisieren, und wenn es uns nicht immer wieder mit neuer Kraft dämmert, wie transzendent Gott ist. Das also ist der Mann, der da betet: ein Mann, der sieht, wie groß Gott ist.
Wenn er früher betete, behandelte er Gott so, als wäre er mehr oder weniger seinesgleichen, er sagte ihm, was er getan hat und was er (seiner Meinung nach) tun sollte. Jetzt kann er sich bloß noch in höchster Anbetung und Verwunderung verbeugen. Das ist die Art von Mann, der beten kann. Er weiß, wie allmächtig Gott ist. «Ich weiß», sagt er gegen das Ende hin, «dass du aller vermagst» (Hiob 42,3). In einem gewissen Sinne beantwortet er damit all seine eigenen Fragen. Es scheint mir, als würde Gott Hiob bewusst ein wenig verwirren. Seht ihr, wenn ihr alles wisst, was Gott tut, dann übt das irgendwie eine schlechte Wirkung auf euch aus. So legte Gott seine Hand auf seinen kostbarsten Knecht und führte ihn durch Erfahrungen, die ihn so verwirrten und durcheinander brachten, dass er am Schluss gar nichts mehr wusste. «O, dass ich wüsste...» (Hiob 23,3). Seine Freunde wussten natürlich alles - oder sie glaubten es wenigstens. Der arme Hiob sagte: «Ich weiß es nicht; oh, das wusste ich nicht!» Und Gott hat dies absichtlich getan, weil Hiob durch all das die überragende Kraft und Weisheit Gottes kennen lernte.
Wenn wir alles über ihn wüssten, dann wäre er nicht größer als wir selbst. Doch sehen wir bloß den Saum seines Kleides, die Ränder seiner Wege, und die weiten Bereiche seiner göttlichen Ratschlüsse und seiner souveränen Kraft nehmen wir nur hie und da bruchstückhaft wahr, und dann sagen wir: «Wie wunderbar ist doch der Herr! Ich weiß nicht, was er tut, aber ich bin sicher, dass er es weiß». Das ist der Mann, der beten kann, ein Mann mit einem neuen Sinn für Gott in all seiner Größe, seiner Transzendenz, seiner Kraft, und, über allem, seiner Gnade.
d. Ein neues Verständnis für die Gnade Gottes
Ich nehme an, wir sind nun imstande zu glauben, dass Hiob wieder eingesetzt ist, denn er hat alles wieder zurück bekommen, sogar mehr, als er je zuvor hatte, und dass er sich ziemlich wohl und großmütig fühlt; so sagt er zu seinen Freunden: «Sagt nichts weiter darüber». Nein, nichts dergleichen! Hiob hatte nichts auf dieser Ebene zu bieten. Das war der Wendepunkt. Er war noch immer beraubt, arm, gering wie zuvor. Was hat er dann gewonnen, das ihn beten lehrte, das ihn so beten ließ? Er hatte ein neues Verständnis für die Gnade Gottes, und das ist das Reichste, was ihr haben könnt. Er wusste nun, wie gnädig Gott ist. Er hätte nicht angemessen für seine Freunde beten können, hätte er das nicht gewusst. Er wusste aus der persönlichen Erfahrung, wie gnädig Gott ist. Gott war ihm gegenüber so gnädig gewesen, und Gott hat sich seiner erbarmt. O, was für Dinge hatte er doch über Gott gesagt und gedacht, und die ganze Zeit über war die Liebe am Planen, und er wurde mit Gnade überschüttet; so konnte er nun aus einem neuen, herzüberströmenden Sinn für die wunderbare Gnade Gottes heraus beten.
Das alles ist ganz sicher auch etwas für uns, denn wenn wir als ein Volk den Eindruck haben, wir hätten etwas mehr, das unser wesentlicher Dienst ist, als irgend ein anderer, so ist es gewiss das Gebet. Der Herr ruft uns wieder und wieder zum Gebet auf. Vielleicht handelt der Herr so mit uns, damit wir beten können. Genau das tat er nämlich bei Hiob - und seht, was geschah, wenn Hiob betete! Seine Freunde wurden von ihrer Gefahr und ihrer Not befreit, und das Gebet wurde erhört. Doch der springende Punkt dieses Verses ist nicht der, dass das Gebet erhört wurde, sondern dass Hiob zu einer neuen Fülle gelangte, weil er betete. «Und der Herr wendete Hiobs Geschick, als er für seine Freunde bat». So oft haben wir das Gefühl, wenn wir nur hervortreten und stark und erfolgreich sein könnten, dann könnten wir (richtig) beten. Doch der Herr sagt: «Wenn du beten willst, dann bringe ich dich heraus». Es ist natürlich nicht irgend eine Fang-Vereinbarung, die wir mit dem Herrn treffen - «Ich werde nicht für mich selber beten. Ich werde für andere beten, und dann wirst du mir helfen». Das war es nicht. Ich bin sicher, Hiob dachte nicht an sich selbst; aus diesem neuen Sinn für Gott und für die Sünde heraus, wegen dem Befehl, für diese armen, bedürftigen Männer zu beten, die so hart zu ihm waren, die sich jedoch, das merkte er nun, in einem solch jämmerlichen Zustand befanden, betete er für sie. Wir müssen uns daran genügen lassen, weit über unsere eigenen Interessen und über unsere eigenen Grenzen hinaus für den Willen des Herrn zu beten. Wir müssen es zu unserem vorrangigen Gebet machen, für die Bedürftigen unter dem Volk Gottes und unter den Menschen überall einzutreten. Er mag uns dort einsetzen, wo er möchte, um dieser Not zu begegnen, aber unsere erste Aufgabe ist es, für die Not zu beten.
Das ist genau das, was Hiob tat. Er sagte nicht: «Mach mich wieder zu einem großen Mann, damit ich dir dienen kann». Er sagte: «Herr, erbarme dich über diese Männer, die deine Knechte sein sollten, die aber in Not sind und die in all ihrer Blöße offenbar wurden mit ihrem unechten Bekenntnis von Geistlichkeit. Erbarme dich ihrer!» Als Hiob anfing, so für sie zu beten, gab ihm der Herr des Doppelte zurück.
Einige von uns mögen nach der Fülle trachten und sie nicht finden, weil wir dem Volk Gottes gegenüber kritisch sind, weil wir sie beobachten, weil wir sie aufzählen, weil wir, wie Hiobs Freunde, ihnen sagen könne, wo sie falsch liegen. Vielleicht wagen wir es nicht, aber wir könnten es tun, wenn wir die Chance dazu hätten. Aber entlang dieser Linie werden wir nur unsere Leere, unsere Magerkeit finden, und das werden wir in der Tat! Hiob fand seine Fülle, als er, aus einem tiefen Empfinden für die Gnade Gottes heraus, für seine Freunde betete.
Möge der Herr aus uns solche Leute machen, die eine solche Erfahrung mit ihm haben, dass wir zu fähigen Fürbittern eingesetzt werden! Dann werden wir unsere Fülle finden; der Herr wird dann auch uns das Doppelte geben.
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.